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Elektronischer Rundbrief Nr. 25/2010, 17.11.2010
Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen –
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V.i.S.d.P.: Claudia Kratzsch, Berlin
Der Rundbrief kann abonniert werden unter:
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Inhalt

1.      Berliner Bündnis Regelsatzerhöhung Jetzt!

2.      Das Krach statt Kohldampf Bündnis schlägt vor: Liebe Kolleginnen und…

3.      Blockierte Verhandlungen

4.      Öffentliche Anhörung


Ich freue mich euch die Seite des „Berliner Bündnis Regelsatzerhöhung Jetzt!“ vorstellen zu dürfen. Die Seite ist mit dem heutigen Tag freigeschaltet. Am 22.11. ist die öffentliche Anhörung für den Bundestagsausschuss Arbeit und Soziales. Aus dem Spektrum der Erwerbslosen ist von der Also Oldenburg Guido Grüner der einzige Vertreter, der  eingeladen wurde.

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1. Berliner Bündis Regelsatzerhöhung Jetzt!


Worum geht es?

364 Euro - ab 1. Januar 2011 soll der neue Regelsatz zur Bemessung des sogenannten soziokulturellen Existenzminimums für mehr als 6,5 Millionen Hartz-IV-EmpfängerInnen gelten. Der Bundestag stimmt am 3. Dezember darüber ab, die Entscheidung des Bundesrats folgt zwei Wochen später am 17. Dezember.

Unserer Auffassung nach reicht auch der zukünftige Satz bei weitem nicht aus, um ein ausreichendes Niveau an Versorgung, Ausstattung und soziokultureller Teilhabe zu gewährleisten. Wir möchten deshalb eine öffentliche Debatte darüber anstoßen, was ein Mensch in dieser Gesellschaft für ein menschenwürdiges Leben braucht.

Unsere Position:
Wir wollen ein soziokulturelles Existenzminimum in einer Höhe, die dem realen Bedarf in unserer Gesellschaft gerecht wird und dem gesellschaftlichen Reichtum angemessen ist. Wir fordern mindestens 80 Euro mehr für Lebensmittel und eine gesunde Ernährung sofort als ersten Schritt.

Als Einstieg in eine umfassende Diskussion hielt es daher ein Berliner Bündnis aus verschiedenen Initiativen und Organisationen (siehe Rubrik "Über uns") für angezeigt, die für das Gesetz Verantwortlichen - alle Bundestagsabgeordneten - persönlich danach zu fragen, wie hoch der Regelsatz bemessen sein müsste, um ihnen selbst im Falle der Erwerbsarbeitslosigkeit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen! (siehe Rubrik "Unsere Anfrage")

Die Antworten der Abgeordneten und weiteres Material zu diesem Thema stellen wir auf dieser Seite zur Verfügung.

http://www.regelsatzerhoehung-jetzt.org/


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2 Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

voraussichtlich am 3. Dezember wird der Bundestag die Hartz-IV-Reform und damit auch die höhnische Eckregelsatz-Erhöhung von 5 Euro beschließen.

Danach folgt aber noch die Entscheidung des Bundesrats, in welchem die Delegierten der Opposition (SPD, Bündnis90/Grüne, DIE LINKE) die Mehrheit haben.

Als Krach-statt-Kohldampf-Bündnis ist unsere Position klar:

Mit einer Erhöhung um lediglich 5 Euro bleibt die Mangelernährung, die Hartz IV bedeutet, bestehen und damit auch der Druck, jede Arbeit nicht nur wegen des behördlichen Zwangs anzunehmen, sondern auch, weil der pure Hartz-IV-Satz schlicht nicht zum Leben reicht.

Er bedeutet für Betroffene, die nichts dazu verdienen, nicht nur gesellschaftliche Isolation, sondern auch Mangelernährung. Das macht einen wichtigen Teil des durch Hartz IV verursachten Lohndrucks auf den gesamten Arbeitsmarkt aus.

Alleine, um gesunde Ernährung zu ermöglichen, muss der Eckregelsatz um 80 Euro angehoben werden.

Dies steht stellvertretend dafür, dass auch die anderen Regelsatzposten bedarfsgerecht erhoben und nicht statistisch von dem bestimmt werden müssten, was arme Haushalte aufgrund ihres niedrigen Einkommens nur ausgeben können.

Daher rufen sämtliche Netzwerke des Krach-statt-Kohldampf-Bündnisses zu einem Aktionstag auf:

Wir wollen den Schwung von unserer Demo in Oldenburg vom 10.10. weiter nutzen. Nach den Demonstrationen des DGB am 6. und 13. November, an welchen wir uns als Erwerbslose beteiligt haben, wollen wir in der Öffentlichkeit mit unseren Forderungen präsent bleiben.

Wir haben nicht vergessen, dass Hartz IV 2005 durch eine rot-grüne Regierung eingeführt worden ist. Damit aber alle heutigen Oppositionsparteien an unserer Position nicht vorbei gehen, sondern ihren Oppositionsauftrag in unserem Interesse erfüllen werden, möchten wir Euch vorschlagen, den Mo und Di, 6. und 7. Dezember, zu "Tagen der Opposition" zu machen.

Lasst uns die Landtagsabgeordneten der Parteien, die im Bundestag die Opposition stellen, besuchen und sie noch vor der Sitzung des Bundesrats, die voraussichtlich am 17. Dezember stattfinden wird, darauf hinweisen, dass es uns wichtig ist, dass auf keinen Fall ein Eckregelsatz von lediglich 364 Euro beschlossen werden darf.

Der allermindeste Betrag ist der, der eine Erhöhung des Ernährungsanteils um 80 Euro beinhaltet.


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An konkreten Aktionen schlagen wir vor:

Wir besuchen auf freundliche, aber bestimmte Art und Weise die Büros der Landtagsabgeordneten der drei Oppositionsparteien.

Wir haben dabei:

- Banner mit der Forderung des Krach-statt-Kohldampf-Bündnisses.

Wenn Ihr diese nicht selbst erstellen möchtet, gibt es die Möglichkeit, eine begrenzte Anzahl beim Förderverein gewerkschaftlicher Arbeitslosenarbeit e.V., info [at] erwerbslos [dot] de ,

zu bestellen. Das Banner ist 3 m lang und 1m hoch. Kosten für Euch: Lediglich 3 Euro Versandkostenpauschale und die Euch durch die Rücksendung des Banners entstehenden Kosten.

- Kochtöpfe und Kanister (für die dumpfen Töne) - so, wie wir schon in Oldenburg Krach geschlagen haben, danach als Block in Hannover und beim CDU-NRW-Parteitag in Bonn und bei lokalen Aktionen in Oldenburg, Jever, Norden und Nürnberg:

<http://www.krach-statt-kohldampf.de/sites/aktionen.html>

- Gut wäre, ihr hättet auch eine Musikerin oder eine Rhythmus-Combo mit dabei.

Damit der 'Krach' in eine gute kämpferische Form kommt.

Den Trommelrhythmus aus Oldenburg zum Einüben findet Ihr hier:

http://www.youtube.com/watch?v=eVAV61pBkz0



- Ihr könntet außerdem einen Brief an die Landtagsabgeordneten bzw. die MitarbeiterInnen ihrer Büros übergeben. In diesem Brief könnte man mitteilen, dass wir uns freuen, dass ihre Bundestagsfraktion den Hartz-IV-Verschärfungen am 3. Dezember im Bundestag nicht
zugestimmt hat, weil es unsozial die Krisenfolgen nach unten abwälzt.

Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass es für die Interessen der Erwerbslosen und ebenso der Erwerbstätigen wichtig ist, dass auf keinen Fall ein Eckregelsatz, der lediglich eine Erhöhung um 5 Euro bedeutet, durch den Bundesrat beschlossen werden darf.

Entwurf/Vorschlag eines Briefes an Euren Landtagsabgeordneten:

(Url zu der Datei, die sich im Anhang als Word-Dokument befindet)


- Desgleichen findet Ihr hier einen Vorschlag für einen Flyer zur Mobilisierung bei Euch vor Ort (Url zum Flyer). Den könnt Ihr natürlich frei an Eure Bedürfnisse anpassen.

 

- Ebenso gibt es eine Vorlage für Aufkleber, die Ihr entsprechend ausdrucken könnt, am besten auf gelbem Untergrund.

 

Wenn Ihr Euch an diesem Aktionstag beteiligen werdet, dann teilt dies bitte per Email an
info [at] krach-statt-kohldampf [dot] org incl. einer kurzen Ankündigung mit (Welche Organisationen planen was wann wo?).

 

Sprecht auch Gewerkschaften und weitere Verbände bei Euch vor Ort an, ob sie sich an dieser kleinen Aktion beteiligen möchten! Die von unserem Bündnis vertretene Position wird von einem zunehmend breiten Kreis an Organisationen geteilt.

 

Wir hoffen, dass Ihr an vielen Orten aktiv werden werdet, damit unsere berechtigte Forderung Niederschlag in den kommenden parlamentarischen Entscheidungen finden wird.

Wenn ihr noch Fragen habt oder weitere Unterstützung braucht, wendet Euch ungeniert an uns! Wir denken, dass die Zeit bis zu den Aktionstagen zwar kurz ist, aber dieses Zeichen für die Landtagsabgeordneten und ihre Mitglieder im Bundesrat kann durchaus wesentlichen
Ausschlag für das Ergebnis geben. Der Aufwand lohnt sich.

Krach-statt-Kohldampf-Bündnis

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3. Blockierte Verhandlungen

Der Streit um die Hartz-Reform geht in die entscheidende Runde. Aber das Widerlager Bundesrat ist unberechenbar geworden. Mit dem großen atompolitischen Streit, der wenig später beginnen sollte, konnte die knappe Mitteilung aus der SPD-Fraktion nicht mithalten:

Zu Beginn der vorletzten Oktobersitzung des Bundestags verlas Parlamentspräsident Norbert Lammert, dass "Ulrich Kelber und Florian Pronold als stellvertretende Mitglieder aus dem Vermittlungsausschuss ausscheiden. Als Nachfolger werden die Kollegen Sigmar Gabriel und Dr. Frank-Walter Steinmeier benannt." Den Agenturen war der Wechsel nicht einmal eine Meldung wert.

Dabei lenkt das Nachrücken der beiden wichtigsten SPD-Politiker in den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat den Blick auf jenen Ort, an dem sich in den kommenden Monaten ein wichtiger Teil des "politischen Geschäfts" konzentrieren wird. Was in der Länderkammer
zustimmungspflichtig ist an Angela Merkels "Herbst der Entscheidungen", muss durch das Nadelöhr hindurch. Seit der Bildung einer rot-grünen
Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen ist die schwarz-gelbe Bundesregierung auf Kooperation im Bundesrat angewiesen. Und der
Opposition ist ein Hebel in die Hand gegeben - den sie im Fall der Hartz-Neuregelungen offenbar gleich nutzen will.

Genauer gesagt: SPD und Grüne, denn die Linke, die am vehementesten die bisherige Hartz-Realität ablehnt, wird auf Distanz gehalten. Einen Brief, in dem der Kanzlerin Gespräche angeboten und Änderungen an der Hartz-Novelle gefordert werden, hatten neben Steinmeier nur der
rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sowie die beiden Grünen-Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und Jürgen Trittin
unterzeichnet. Die Antwort von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla war freundlich aber bestimmt: Für die Regierung werde "die fachlich zuständige Bundesarbeitsministerin" die Gespräche führen.

Verhandlungen blockiert

Oder auch nicht. Man habe "in den Sondierungsgesprächen bisher keine Einigung über die personelle Zusammensetzung und das Format eines
Auftaktgespräches erzielen" können, ließ Ursula von der Leyen Ende der vergangenen Woche wissen und bedauerte, "dass aus formalen Gründen
frühzeitige Verhandlungen blockiert" seien. Grüne und SPD wiederum keilten zurück, hier gehe es nicht um "formale Gründe", sondern die Weigerung der Koalition, sich in substantiellen Fragen zu bewegen.

Die CDU-Ministerin hatte mehrfach erklärt, es liege nach der Vorlage des Gesetzentwurfes an der Opposition, eigene Verbesserungsvorschläge zu machen. Aus der SPD war alsbald zu vernehmen, das Bildungspaket sei zu klein und die Berechnungsgrundlage der Regelsätze nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechend. Außerdem wolle man über einen Mindestlohn reden - mal war von einem gesetzlichen und flächendeckenden die Rede, mal schien es so, als sei die Einführung einer Lohnuntergrenze für die Zeitarbeitsbranche schon Entgegenkommen genug. Über die Regelsatzhöhe, das eigentliche Instrument zur Verbesserung der Teilhabe auch von Kindern, redet die SPD nicht gern. "Es geht", hat die SPD-Abgeordnete Elke Ferner erklärt, "viel weniger um die Höhe."

Kein Zweifel. Der Streit um die Hartz-Reform wird nach der atompolitischen und neben der um die Gesundheitsreform die nächste große Kontroverse zwischen der gefühlten rot-grünen und der tatsächlichen schwarz-gelben Koalition werden. Das forsche Vorgehen der SPD, die ein Spitzengespräch mit der Kanzlerin zur Bedingungen von Kompromissen gemacht haben, zeigt den symbolischen Gehalt der Konfrontation an. Und auch die Drohung mit dem Vermittlungsausschuss geht über das eigentliche sozialpolitische Thema hinaus.

Gegenmacht als Jungbrunnen

Sowohl Helmut Kohl als auch Gerhard Schröder haben einen Teil ihrer Regierungszeit mit dem "Widerlager" im Bundesrat, also mit parteipolitisch andersfarbigen Mehrheiten kämpfen müssen. Für die SPD soll die "Gegenmacht" zum Jungbrunnen werden: die Grünen in Umfragen und die Linke beim Thema im Nacken, versuchen die Sozialdemokraten, hier auch die Wortführerschaft in der Opposition zu verteidigen. Doch so sehr die Länderkammer als parteipolitischer Hebel angesehen wird: Er ist nicht mehr der alte. Die Zeiten, in denen ein Oskar Lafontaine noch die SPD-Länder orchestrierte, sind vorbei. Die Verwandlung der Parteienlandschaft schlägt auf die Verhältnisse im Bundesrat durch.

Schon während der Großen Koalition zwischen 2005 und 2009 haben sich Verschiebungen bemerkbar gemacht. Wegen der Vielfalt der
Regierungskoalitionen auf Landesebene verfügt auch heute keines der "alten Lager" mehr über eine eigene Bundesratsmehrheit. Die drei Stimmen des Jamaika-regierten Saarlandes würden Merkel reichen, die der SPD-regierten Ländern zusammen dagegen nicht einmal zur Anrufung des Vermittlungsausschusses.

Auch lagen in den Jahren der Großen Koalition die Hauptkonflikte weniger entlang von parteipolitischen Linien, sondern zwischen den - meist die
Kostenverteilung betreffenden - Interessen des Bundes auf der einen Seite und denen der über alle parteipolitischen Farben hinweg recht einheitlich agierenden Länder auf der anderen. Das ist kein Automatismus, aber nicht zuletzt wegen der Schuldenbremse ein stärker werdendes Moment: Bei der Hartz-Neuregelung zum Beispiel ist den Ländern die Höhe der Regelsätze "nicht so wichtig, weil es sie weniger betrifft". Ferner ist unlängst in der Tageszeitung zitiert worden. Für die Länder ist es stattdessen lukrativer, vom Bund noch mehr Geld für die Bildungsangebote anzustreben.

Demokratische Probleme

Und es kommen demokratiepolitische Probleme hinzu. Selbst wenn Parteien und ihre Wähler im Einzelfall darin eine Chance sehen wollten, in der Länderkammer Gesetze zu blockieren, die sie anders nicht verhindern können: Dies unterläuft den bei Bundestagswahlen ermittelten
Mehrheitswillen. Die Verflechtung von zwei in der Regel ganz unterschiedlich motivierten Entscheidungsebenen im "kooperativen
Föderalismus" verstärkt zudem die Dominanz der Exekutive und trägt zur Entparlamentarisierung der Gesetzgebung bei, warnen Staatsrechtler und Politologen. Ein dritter, ebenfalls nicht neuer Einwand bezieht sich auf das "Verschwinden" der Entscheidungen aus dem öffentlichen Raum: Nicht ohne Grund wird der Vermittlungsausschuss, in dem Gegengeschäfte und Paketlösungen keineswegs Ausnahmen sind, auch "Dunkelkammer" genannt.

Bei ihrer rot-grünen Geburt Ende 2003 war die Hartz-Reform Teil genauso
eines politischen Deals hinter den Kulissen: "Wie auf einem Basar" ging es
damals zu, so hat es seinerzeit ein Nachrichtenmagazin beschrieben: "Biete
härtere Zumutbarkeitsregeln für Langzeitarbeitslose gegen Beibehaltung des
Kündigungsschutzes, mehr Geld für die Gemeinden gegen weniger
Eigenheimzulage". Und so weiter.

Thomas Oppermann, der Parlamentsgeschäftsführer der SPD, hat bereits
wieder von "unserem Verhandlungspaket" gesprochen. Was da alles
hineingerät und am Ende womöglich doch noch herausfällt, werden im Falle
des Falles nur die je 16 Mitglieder des Vermittlungsausschusses erfahren.
Viele Signale stehen auf Einberufung. Dann könnten sich die Verhandlungen
bis ins nächste Jahr ziehen, vielleicht gibt es eine Einigung erst im
Februar.

Die "Erhöhung" der Regelsätze um fünf Euro zum Jahresanfang wäre davon
allerdings ebenso wenig betroffen wie von der Leyens Bildungspäckchen -
wegen des Karlsruher Urteils kann eine Neuregelung auch ohne
abgeschlossenes Gesetzgebungsverfahren in Kraft treten.

Hintergrund
An der Hartz-Schraube drehen: Sanktion und Freiwilligkeit
Die Debatte über die Hartz-Reform bleibt in der Öffentlichkeit meist auf
Fragen der Regelsatzberechnung und den Umfang des Bildungspaketes
beschränkt. Derweil geht die Diskussion über Änderungen am Regelwerk für
Langzeiterwerbslose, die den Zwangscharakter der Transferpraxis berühren,
weiter. Und zwar in beide Richtungen.
So wird mit dem schwarz-gelben Gesetzentwurf in der jetzigen Fassung auch
die Möglichkeit der Bestrafung von Erwerbslosen verschärft. Sanktionen
sollen danach auch dann verhängt werden, wenn "der Leistungsberechtigte
die Rechtsfolgen seines Verhaltens kannte". Bisher war eine schriftliche
Belehrung über die Folgen so genannter "Pflichtverletzungen" nötig. Die
Grünen haben diesen Vorstoß scharf kritisiert, die Linkenpolitikerin Katja
Kipping erklärte, "die ständige Angst vor Sanktionen soll die Betroffenen
noch stärker als bisher disziplinieren".
Ganz anders fiel das Echo auf einen Vorschlag aus der Chefetage der
Nürnberger Arbeitsagentur aus. Vorstandsmitglied Heinrich Alt hatte vor
wenigen Tagen erklärt, er sei dafür offen, "aus den Ein-Euro-Jobs eine
freiwillige Sache zu machen". Die so genannten Arbeitsgelegenheiten mit
Mehraufwandsentschädigung, die im Rahmen von Eingliederungsvereinbarungen
verpflichtend sind, sollten künftig Alt zufolge "als Mittel zum Zweck und
nicht als Zwangsmaßnahme verstanden werden". Während das
Bundesarbeitsministerium einsilbig reagierte und erklärte, es sei bisher
nicht an Veränderungen gedacht, begrüßte die Opposition Alts Äußerung. Für
viele Betroffene seien die Ein-Euro-Jobs lediglich eine
Beschäftigungstherapie, hieß es. Experten halten das Instrument
arbeitsmarktpolitisch für wirkungslos. Andererseits wird immer wieder auf
die große Nachfrage seitens der Erwerbslosen hingewiesen. TS
der Freitag Artikel-URL:
http://www.freitag.de/politik/1045-blockierte-verhandlungen
Copyright (C) der Freitag Mediengesellschaft mbH & Co. KG

 

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4. Termin: 22. November 2010, 11.00 – 15.00 Uhr

 

Ort: Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Raum 3.101

 

Die Teilnehmerzahl an der Anhörung muss leider aus räumlichen Gründen begrenzt werden.

 

http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a11/anhoerungen/index.html

 

 

http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/32249515_kw47_pa_arbeit_soziales/

 

2.      Anhörung zu den künftigen Hartz-IV-Regelsätzen

 

Die Initiativen der Fraktionen zur Ermittlung der Hartz-IV-Regelsätze sind am Montag, 22. November 2010, Gegenstand einer vierstündigen öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Katja Kipping (Die Linke).

 

Die Anhörung von Sachverständigen beginnt um11 Uhr im Anhörungssaal 3.101 des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in Berlin und soll bis gegen 15 Uhr dauern. Anlass für die Neubemessung der Regelsätze ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010.

 

CDU/CSU und FDP: Fünf Euro mehr im Monat

 

CDU/CSU und FDP haben in ihrem Gesetzentwurf (17/3404) vorgeschlagen, den Hartz-IV-Regelsatz zum 1. Januar 2011 um fünf Euro auf 364 Euro monatlich zu erhöhen. Die Regelsätze für Kinder sollen unverändert bleiben. Kinder und Jugendliche aus Familien, die Hartz IV beziehen, sollen ab Januar zusätzlich gezielt bei der Bildung und der gesellschaftlichen Teilhabe gefördert werden.

 

Bei Schülerinnen und Schülern sollen für Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden. Geplant ist, für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf 70 Euro zum 1. August und 30 Euro zum 1. Februar eines jeden Jahres zu berücksichtigen. Mehraufwendungen für das Mittagessen in der Schule sollen ebenfalls berücksichtigt werden.

 

Linke: Existenznotwendigen Bedarf decken

 

Die Linke hat einen Antrag (17/2934) vorgelegt, in dem sie sich auf die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts bezieht, dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dem Grunde nach unverfügbar sei und eingelöst werden müsse. Der Leistungsanspruch müsse so ausgestaltet werden, "dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt".

 

Die Linke will eine Kommission einrichten zur "künftigen Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums".

Grüne: Bundesbeteiligung festlegen

 

Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung in ihrem Antrag (17/3058) auf, die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat zu den Unterkunftskosten der Hartz-IV-Empfänger wieder aufzunehmen.

 

Die Regierung solle die Bundesbeteiligung entsprechend der tatsächlichen Entwicklung der Ausgaben für Unterkunft und Heizung berechnen und die Bundesbeteiligungen für 2010 auf 35,8 Prozent und für 2011 auf 37,7 Prozent festlegen.

Tatsächliche Ausgaben als Maßstab

 

In einem weiteren Antrag (17/3435) verlangt die Fraktion, den Bedarf der Hartz-IV-Sätze einheitlich auf Basis der unteren 20 Prozent der nach Einkommen geschichteten Haushalte zu ermitteln. Zum Maßstab müssten die "tatsächlichen Ausgaben der Haushalte" genommen werden.

 

Für Kinder und Jugendliche solle es "gezielte Sachleistungen und einen schnellen und qualitativ hochwertigen Ausbau von Kindertageseinrichtungen und schulen geben, heißt es in dem Antrag. (vom)

 

Zeit: Montag, 22. November 2010, 11 bis 15 Uhr

Ort:  Berlin, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Anhörungssaal 3.101

 

Interessierte Besucher, die an den Anhörungen als Zuhörer teilnehmen möchten, können sich beim Sekretariat des Ausschusses (Telefon: 030/227-32487, Fax: 030/227-36030, E-Mail:  arbeitundsoziales [at] bundestag [dot] de) unter Angabe des Geburtsdatums und der Personalausweis- oder Reisepassnummer anmelden. Zur Sitzung muss das Personaldokument mitgebracht werden.

 

Bild- und Tonberichterstatter können sich im Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anzumelden.

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PS:

- Die Homepage der BAG findet Ihr unter der
http://www.bag-plesa.de. Die ALTE Seite unter http://www.bag-shi.de dient als Archiv.

- Anmerkungen und Anregungen zu diesem Rundbrief sowie Beiträge zur Berücksichtigung für die künftigen Rundbriefe bitte per Email an die Herausgeberin, Claudia Kratzsch senden
(gittaschalk [at] googlemail [dot] com).

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