Elektronischer Rundbrief Nr. 75/2022 vom 20.2.2022
Die nächste Fachtagung: Europa in Bewegung – für gemeinsame soziale Standards !
Zeit: Am 6.5.22, 14 Uhr bis 8.5.22, 12.30 Uhr
Wir treffen uns im Naturfreundehaus Hannover, Hermann Bahlsen Allee 8, Hannover Buchholz-Kleefeld
Im Winter 2016/17 tat sich von vielen so gut wie unbemerkt und zum wiederholten Male, eine Verschlechterung im bundesdeutschen Grenzregime und der Sozialgesetze auf: von der damaligen GroKo vorangetriebenen Gesetze zur Regelung von „Hartz IV“ für Migrant*innen aus EU-Nationen. Mit dem Inhalt, dass die Freizügigkeit für Menschen und gleiche soziale Regelungen in Europa, die neben der Freizügigkeit von Waren, wenn sie denn jemals ein politisches Versprechen beim Projekt EU waren, kurz- und mittelfristig vollkommen beseitigt werden sollen bzw. schon beseitigt sind.
Auseinandersetzungen um das Europäische Fürsorgegesetz waren der Vorbote einer endgültig rechtlich befestigten Konstituierung einer neben Geflüchteten, „Dritt-Staatler*innen“ (außereuropäisch) und ;Einheimischen“/“Passdeutschen“, einer neuen Gruppe von EU-Bürger*innen; angewandt meist für Menschen aus Süd-, Ost- und Südosteuropa, Leistungen des Jobcenter und des Sozialamts sowie das Kinder- und Wohngeld beteffend.
Dies geschah, nachdem infolge der sog. Flüchtlingskrise 2015 ff. ein herrschender Nationalismus in der EU/in Deutschland immer mehr Ausgangspunkt bzw. Bestandteil staatlicher Regulierung wurde. Hierbei gaben die jeweils Regierenden „Meinungsträger*innen“ (Medien) mit stark nationalistischen „das-Boot-ist-voll“-Scheindebatten nach; begleitet von medialen Kampagnen in ganz rechten, konservativen und neoliberalen Medien, z.B. zu angeblich unberechtigtem Kindergeldempfang bei migrantischen Leistungs-Empfänger*innen und Arbeeitenden.
zeitlich etwas verzögert, wurde z.B. dann in Folge auch noch eine Arbeitshilfe der Bundesagentur für Arbeit von 2018 bekannt, die die Diskriminierung von Amts wegen manifestierte bzw. fortschrieb: https://europainbewegung.de/analyse-der-arbeitshilfe/.
Zur Zeit ist die neue Fassung (2022) im Umlauf: https://tacheles-sozialhilfe.de/files/Aktuelles/2022/Arbeitshilfe-Leistungsmissbrauch-EU-Buerger-Jan22.pdf .
Der Stand der Dinge ist für die Armen jetzt eine „Nein - aber“-Situation beim Leistungsbezug, wobei Verbesserungen gegenüber diesen letzten ausschließenden Gesetzen oft vor dem EuGH und hohen Gerichten der BRD – insbesondere für Familien - erstritten werden mußten. Durch die weiter anhaltende Bindung an das europäische Fürsorgeabkommen sind dann einige rudimentäre Rechte für Menschen aus den Ländern weiter gültig, die in diesem Abkommen inbegriffen sind.
Soziale Leistungen für Einzelne sind entsprechend dem Grenzregime ähnlich wie bei Geflüchteten und Asylbewerber*innen sowie „Drittstaatler*innen“ mehr denn je streng an das Aufenthaltsrecht (den Pass) gekoppelt.
Vielerorts werden Migrant*innen nicht nur Leistungen nach SGB II und/oder Kindergeld u.ä. verweigert, sondern es werden ihnen häufig vor Ort nachrangige, darauf aufbauende soziale Leistungen, so nach SGB XII, aberkannt. Dies führt bei besonderen sozialen Lagen, wie z.B. in Notunterkünften oder Obdachlosenheimen und betreuten WGs, oder bei Schwangerschaften, bei Krankheiten jeder Art (Versicherungsschutz), bei Drogentherapien, bei Arbeitsunfällen ohne Versicherung, bei Verschuldung oder in der Pflege, zum Versagen von Leistungen, zu extremer Armut und in Folge oft starken gesundheitlichen Schäden.
Wir wollen reden von Ausschlüssen, die Menschen aus Süd-, Südost- und Osteuropa betreffen, damit aber auch Geflüchtete mit EU-Pass, oder EU-weite Minderheiten wie Sinti und Roma. Als "Nebeneffekt" können wir beobachten, dass immer mehr migrantischen SGB-II- und SGB-XII Empfänger*innen Leistungen verweigert werden oder sie diese gar nicht mehr beantragen, die Abschiebung befürchtend.
Forderungen von z.B. DGB-Gewerkschaften, Linkspartei, sozialen Gruppen und Verbänden, richteten sich fast immer auf die soziale Absicherung durch versicherungspflichtige Lohnarbeit.
Wir wollen reden über den politischen und rechtlichen Status quo,
* die de-facto-Verunmöglichung bzw. Erschwerung des Zugangs zu Sozialleistungen wie ALG II, Wohngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag und anderen Leistungen für nicht (lohn-) arbeitende Menschen aus allen EU-Ländern, die nicht zum Nordwesten der EU gehören.
* Die soziale Lage von Süd-, Südost- und Osteuropäer*innen, Geflüchteten mit EU Pass, EU-weiten Minderheiten wie Sinti und Roma, die verstärkt unter diese Regelungen fallen.
* Die soziale Lage von migrantischen Frauen, die verstärkt unter diese Regelungen fallen.
Was wollen wir politisch auf der Tagung erreichen ?
* Wir wollen über den Stand des schon länger arbeitenden Bündnisses „Europa in Bewegung“ reden.
* Wir wollen mit Menschen in migrantischen und in Erwerbslosen-Initiativen und im Bündnis „Europa für alle“ unsere politischen Erfahrungen diskutieren, wie nun mit diesen diskriminirenden Massnahmen umgegangen werden kann und dort, wo es noch geht, ein Bewusstsein dafür schaffen. (Zum Beispiel bei anti-rassistischen Bewegungen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschafte(r)n, auch Parteien im parlamentarischen Bereich).
* Wir wollen auf die institutionellen Skandale aufmerksam machen, wie mit Wanderarbeiter*innen aus Osteuropa vor, während und auch nach Corona umgegangen wird, wollen die Öffentlichkeit erreichen.
* Wir wollen zusammen solidarische politische Schritte überlegen, welche die arbeitenden Gruppen zusammen mit dem Bündnis „Europa in Bewegung“ und unserem Netzwerk in diesem Bereich unternehmen können.
Am gleichen Ort findet am 8.5. vormittags die jährliche Mitgliederversammlung der BAG Prekäre Lebenslagen statt.
Die Tagung wird von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt. Wir danken dafür herzlich.
Rückmeldung für unsere Planung bitte bis So 7. April 2022 ! (per Post , per Mail, gerne mit Anmelde-PDF auf der Homepage).www.bag-plesa.de /BAG-PLESA Rundbrief-Extra abonnieren:
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