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Elektronischer Rundbrief Nr. 57/ 20.07. 2012

 

V.i.S.d.P. Hinrich Garms

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Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de

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Vorwort:

Flüchtlinge in Deutschland sind eine diskriminierte Minderheit, ihre Behandlung zeigt Deutschland als Land mit rassistischen Handlungsweisen. Die Ausgrenzung der Flüchtlinge wird regelmäßig als zentrales Problem verkannt.

Nicht erst der NSU-„Skandal“ zeigt also die Möglichkeit eines Involviert Seins deutscher Behörden. Die Gründe der aktuellen Auseinandersetzung staatliche Behörden mit den Morden an 10 BürgerInnen, scheinen mir eher zu sein, dass dem Staat sein Monopol auf Ausübung von Gewalt durch eine terroristisch-nazistische Organisation genommen wurde.  

Die „Passauer Neue Presse“ zitiert“ aus dem Verfassungsschutzbericht 2011.[1] „Da Fremdenfeindlichkeit ein wesentliches Grundelement des Rechtsextremismus ist, sind Nachahmungstaten denkbar“. Welche Fremden wurden ermordet?

Halit Yozgat zum Beispiel ist das neunte Opfer einer Serie von Morden, die in der Presse unter dem Namen „Döner-Morde“ in Zusammenhang gebracht werden. Der 21 Jahre alte Deutsche wurde am 6. April dieses Jahres (2006) in dem von ihm betriebenen Kasseler „Tele-Internetcafe“ mit zwei Kopfschüssen getötet.[2] Herr Yozgat ist kein Fremder, er ist deutscher Staatsbürger.

Die Mörder von zehn Menschen sind normale Verbrecher, sie töteten. Sie erklärten keine ihrer Mordtaten, es folgten keine Bekennerschreiben. Diese Gesellschaft hat über sie und an ihrer Stelle gesprochen und geantwortet. Seit Anbeginn der Mordserie in 2000 sind mehr oder  weniger differenzierte Meinung nachzulesen in den Print- und anderen Medien, in polizeilichen Stellungnahmen und bei Äußerungen von PolitikerInnen und Verfassungsschutzbehörden.

Eine Sonderkommission der Polizei nannte sich „Sonderkommission Bosporus“ und von Dönermorden war die Rede. So war als Erklärung für die Morde öffentlich von Streitigkeiten untereinander“, von Schutzgelderpressung und ähnlichem zu hören. Ein sehr großer Teil der deutschen Öffentlichkeit zeigt damit ihre Distanz zum furchtbaren Geschehen.

Ist es ein Zufall, dass fast parallel eine Debatte um die Stabilität des europäischen Paktes entbrennt, in der „wir uns“ fragen ob Länder wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal so fleißig sind mit „unseren“ deutschen herausragenden wirtschaftlichen Leistungen mitzuhalten, ob sie gute Europäer sind. Auch hierauf findet sich in einigen Print-und weiteren Medien die Antwort, dass „der Grieche“ faul und undankbar sei.

Flüchtlinge werden von einer breiten öffentlichen Mehrheit als „Wohlstandsschmarotzer“ eingestuft, die sich ungefragt oder  illegal sich den Zugang zu „unseren“ „Fleischtöpfen“ verschafft hätten.

Für diese Flüchtlinge in Deutschland ist es notwendig um bessere Lebens- und Aufenthaltsbedingungen zu kämpfen. Sie tun dies derzeit in verschiedenen Städten mit den unterschiedlichen Mitteln. Den letzten Anstoß zu ihren Aktionen gab der Selbstmord eines iranischen Flüchtlings in Würzburg.

Sie, die Flüchtlinge aus dem Iran, dem Irak und Afghanistan, wohnen jetzt in öffentlichen Camps, diskutieren miteinander, protestieren, demonstrieren, schreiben, nähen sich den Mund zu  und verweigern die Nahrungsaufnahme, um auf ihre die Menschenrecht verletzende Lebensbedingungen aufmerksam zu machen.

Dass dieser Streik in Süden dieser Republik beginnt, ist nicht verwunderlich. In den Bundesländern Bayern, Hessen und Baden-Württemberg wird vieles getan, um sich durch eine besonders inhumane Praktik hervorzuheben. Zum einem Heimatgefühl in diesen Bundesländer kann es wohl unter anderem deshalb kommen, weil seine PolitikerInnen und seine BürgerInnen das Gefühl der Dominanz verbindet. Dieses Überlegenheitsgefühl gegenüber denjenigen Ausgegrenzten, die mit Lebensmittelgutscheine abgespeist werden, in Lager eingeschlossen sind, sich nur unter Strafe vom Zuweisungsort fortbewegen können, äußert sich in der über Jahrzehnte geduldeten Unterbringung in Lagern.

Die bürgerlich liberale Süddeutsche Zeitung schreibt dazu folgendermaßen: „Hundert Tage am Stück haust keiner in einem Zelt, wenn er nicht existenziell betroffen ist. Diese Menschen in Würzburg hungern und nähen sich auch nicht deshalb die Münder zu, weil sie in der Zeitung stehen wollen. Es ist die Verzweiflung, die diese Menschen antreibt.“[3]

In diesem Land ist nicht selbstverständlich nicht rassistisch zu sein. Genau aus diesem Grund sind Diskussionen und die daraus entstehende Veränderungen,  Debatten über die NSU und über die Existenzbedingungen von Flüchtlingen besonders wichtig. Richtungsweisende Veränderungen müssen zwingend die Abschaffung sämtlicher Verfassungsschutzbehörden und Lagern für Flüchtlinge zur Folge haben.

Wir erklären uns solidarisch mit dem Hungerstreik der Flüchtlinge in Würzburg, Aub, Bamberg, Regensburg und Düsseldorf und anderswo.“ So beginnen die mittlerweile mehr als 35 Pressemitteilungen von Flüchtlingen aus den verschiedensten Städten und Gemeinden bundesweit. Einige der Flüchtlinge sind bereits seit dem 19. Marz 2012 im Hungerstreik.

Ziel dieser Aktionen und speziell des Hungerstreiks ist es:

• die bedingungslose Abschaffung der Residenzpflicht durchzusetzen,

• für den Stopp aller Abschiebungen einzutreten,

• die Schließung aller Lager zu erreichen, die keinen anderen Zweck haben als die Isolation der Flüchtlinge.

Weiteres nachzulesen unter http://de.indymedia.org/

https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=24483

http://www.sueddeutsche.de/bayern/asylbewerber-im-hungerstreik-verzweifeltes-aufbegehren-1.1313992

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18.7.2012 Bundesverfassungsgericht erklärt AsylbLG für verfassungswidrig - höhere Leistungen ab sofort!

http://www.fluechtlingsrat-berlin.de/print_neue_meldungen2.php?post_id=167

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Information zu weiteren Treffen und Solidaritätsarbeit.

No Border Camp 13.-22.07.2012 Köln/Düsseldorf http://noborder.antira.info/de

Antifa Camp vom 24. 08. -2.9. 2012 http://www.antifacamp.org/