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http://www.bag-plesa.de/rundbrief/2011/rundbrief-extra-2011-50.pdf

Elektronischer Rundbrief Nr. 50/2011, 24.10.2011
Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de
c/o Michael Wengorz - Str. der Befreiung 14 - 06128 Halle
vorstand (at) bag-plesa.de
Tel.: 0345 / 44 56 150, mobil: 0177 - 38 71 430

V.i.S.d.P.: Michael Wengorz

Der Rundbrief kann abonniert werden unter:
https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/bag-plesa_rundbrief_extra
Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de

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Inhalt:

Vorwort

1. UN-Ausschuss rügt die Verpflichtung zur Annahme jeder zumutbaren Arbeit
2. Chef der Bundes-Arbeitsagentur, Frank-Jürgen Weise
3. Grüne sagen ab: "Hartz IV Empfänger sollen selbst klagen"


Vorwort:

Die Erwerbsloseninitiative  Gegenwind unterstützt Menschen, denen ein gesichertes Existenzminimum und gesetzlich garantierte Rechte vom Jobcenter verwehrt werden. Der Verein hat seit Jahren in allen vier JobCentern der Region Glauchau eine dem geltenden Recht entsprechende Beistandschaft ausgeübt, d. h. Menschen denen Recht verwehrt wurde, zu Recht verholfen. Nun erhielt ein aktiver Beistand aus dem Verein vom Jobcenter ein einjähriges Hausverbot.

Das einjährige  Hausverbot gegen den Beistand Andreas Pianski wird begründet mit einer zukünftig erheblichen Störung des Geschäftsbetriebs.
Dass eine permanente Öffentlichmachung von Rechtsbruch und Willkür behördlicherseits als unangenehm empfunden wird, zeigt dieses Hausverbot.

Bekämpfen wir die bundesweit praktizierten Hausverbote, damit Beistandschaft möglich bleibt! Praktische Solidarität ist jetzt gefordert! Wir treffen uns am Donnerstag den 03.11.2011 um 9.30 Uhr vor dem Jobcenter Zwickau.
http://www.bag-plesa.de/ord/_soli/2011-09-apianski/Hausverbot_2011-09-15.pdf

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1. UN-Ausschuss rügt die Verpflichtung zur Annahme jeder zumutbaren Arbeit

Die mit Sanktionen bedrohte Verpflichtung nach § 31 SGB II, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, hält der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte für so problematisch, dass er die Bundesrepublik in seiner Sitzung im Mai 2011 öffentlich rügte. Der UN-Ausschuss fordert die Bundesrepublik auf, „sicherzustellen, dass seine Systeme zur Arbeitslosenhilfe die Rechte des Individuums zur freien Annahme einer Beschäftigung seiner oder ihrer Wahl ebenso wie das Recht auf angemessene Entlohnung“ respektieren.

Er bezieht sich dabei auf Art. 6 und 7 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966. Danach sind von den Vertragsstaaten „geeignete Schritte“ zum Schutz des Rechts auf „frei gewählte oder angenommene Arbeit“ zu unternehmen, mit der jede/r einzelne ihren/seinen Lebensunterhalt verdienen kann.

http://www.sanktionsmoratorium.de/Erfreuliches/Aktuelles

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2. Seit 2004 Chef der Bundes-Arbeitsagentur, Frank-Jürgen Weise,

kündigte in einem Interview mit dem Magazin “Wirtschaftswoche” einen Rekordstand der Hartz-IV-Sanktionen für das laufende Jahr 2011 an. Die Mitarbeiter in den Arbeitsagenturen würden inzwischen über “genügend Routine” beim Verhängen von Sanktionen, sprich Leistungskürzung, verfügen. Er rechnet mit insgesamt 900.000 Leistungskürzungen aufgrund “fehlender Mitwirkungspflichten und Auflagen”. Das ist nichts anderes, als die von Hartz-IV-Betroffenen durch finanziellen Druck gefügig zu machen.

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2a. Wer ist Frank Weise?

Weise war  Soldat auf Zeit für 12 Jahre bei der Bundeswehr. Er durchlief die Offiziersausbildung des Heeres und studierte von 1974 bis 1978 Betriebswirtschaft an der Fachhochschule des Heeres 2 in Darmstadt. Sein Studium beendete er als Diplom-Betriebswirt (FH). Weise ließ sich dann als Fallschirmjäger ausbilden. Er wurde als Kompaniechef der Nachschubausbildungskompanie 19/II in der Salm-Kaserne in Philippsburg und als Jugendoffizier eingesetzt. Von 1983 bis 1984 arbeitete Weise selbst als Dozent für Betriebswirtschaft an der Fachhochschule des Heeres. Er absolvierte gleichzeitig eine Weiterbildung an der privaten Controller Akademie in Gauting. Die Bundeswehr verließ er als Hauptmann.

Als Reserveoffizier wurde er u.a. als Bataillonskommandeur, stellvertretender Regimentskommandeur und Dezernent im NATO-Stab in Brüssel eingesetzt. Während einer Wehrübung lernte er Florian Gerster kennen. Derzeit bekleidet Weise den Dienstgrad eines Oberst der Reserve.

Im März 2010 übernahm er, zusätzlich zu seiner Leitungsfunktion bei der BA die Leitung der neuen Bundeswehr-Strukturkommission, um nach einer umfassende Überprüfung der Strukturen der Bundeswehr die Effizienz der Bundeswehr und des Bundesverteidigungsministeriums zu verbessern. Ab Januar 1985 arbeitete er als Controller bei dem Frankfurter Automobilzulieferer VDO Adolf Schindling AG in Schwalbach und ab Juli 1989 als Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Braunschweiger Hüttenwerk GmbH. Im Jahre 1992 war er kurzzeitig Vorstand der Glyco AG in Wiesbaden-Schierstein, in der Phase der Übernahme des Unternehmens durch die US-amerikanische Federal-Mogul Corporation. Ab Juli 1992 arbeitete er bei der SUP Societät für Unternehmensplanung, einer Headhunter-Agentur, in Frankfurt und Basel. Im Januar 1997 wurde er Vorstandsmitglied der FAG Kugelfischer Georg Schäfer in Schweinfurt, welche 2001 von der Schaeffler Gruppe aus Herzogenaurach übernommen wurde. Als Vorstandsvorsitzender der FAG Automobiltechnik war er für Finanzen, Controlling, IT und Personalwesen zuständig. 1997 war er Mitgründer der Frankfurter Logistikfirma Microlog Logistics. Diese Firma brachte er als AG an die Börse und verkaufte sie wieder. Weise ist derzeit Aufsichtsratsvorsitzender der Firma PTV Planung Transport Verkehr AG.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Frank-Jürgen_Weise

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3. Grüne sagen ab: "Hartz IV Empfänger sollen selbst klagen",
17. Oktober 2011 — Kea 19

http://cers.wordpress.com/2011/10/17/die-grunen-blockieren-normenkontrollklage-gegen-hartz-iv/

Eigentlich ist es gut und richtig, dass die Grünen immer wieder selbst daran erinnern, wie sehr sie hinter Hartz IV stehen. Das vereinfacht uns das ständige Wiederholen des Copyrights auf Hartz IV, das Grüne und SPD für sich beanspruchen dürfen.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2010 vor allem die Berechnung der Regelsätze und deren fehlende Transparenz bemängelte, wurde die Bundesregierung zum Nachbessern verdonnert.  „Leyen I“, wie es manche nennen, ist zwischenzeitlich in Kraft und will für sich geltend machen, den Anforderungen des Verfassungsgerichts Genüge zu tun. Eine vom DGB in Auftrag gegebene Studie bezweifelt dies. Das Verfassungsgericht aber reagiert nur, wenn es gefragt wird bzw. jemand klagt.

Die Fraktion Die Linke im Bundestag regte eine Normenkontrollklage an, wozu 25 Prozent der Abgeordneten des gesamten Bundestages nötig sind. Das hätte die komplette Linksfraktion, die komplette Fraktion der Grünen und 12 Abgeordnete der SPD sein können. Die SPD aber war aus dem Rennen, nachdem sie mit Ursula von der Leyen ins Feilschen geriet und das Ergebnis “Hartz IV-Kompromiss“ nennt.  Also erneut wird Hartz IV von der SPD, diesmal (egal, legal, scheißegal) mit der CDU/CSU und der FDP getragen. Und die Grünen?

„Leider haben Renate Künast und Jürgen Trittin erneut schriftlich abgesagt mit der Begründung, eine Klage durch die Betroffenen wäre geeigneter. Wer sich selber noch nie als Betroffener ohne viel Geld in der Hinterhand durch sämtliche Instanzen klagen musste, wird dies womöglich anders einschätzen.“ Dies tickerte Katja Kipping (MdB/Die Linke) heute als Pressemitteilung.

Damit ist die Normenkontrollklage also gestorben. Hartz IV-Betroffene haben keine Lobby! (Und man darf fragen, weshalb der DGB eine solche Studie anfertigen lässt, wenn er das Ergebnis ohnehin kampflos hinnimmt.)

Wir dürfen konstatieren, dass Grüne und Sozialdemokraten – obgleich Opposition - im Boot der Regierung sitzen, und wer will darf festhalten, dass die Linke sich wenigstens bemühte. Katja Kippings Engagement gegen Hartz IV mag strategisch umstritten sein, unglaubwürdig erscheint es nicht.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts war kein Sieg der Gerechtigkeit, denn Hartz IV wurde in keinem einzigen Nebensatz in Frage gestellt. Wenn man es genau nimmt hieß der Auftrag des Gerichts an die Bundesregierung doch lediglich, ihre Berechnung des Regelsatzes zukünftig besser zu begründen. Das ist natürlich nicht einfach, wenn es sich um so verdammt wenig Geld handelt. Aber hier hat die Regierung Geschick bewiesen. Hier und da einen Euro mehr und dafür das Recht auf Genussmittel beschneiden; Eltern in ihrer wirtschaftlichen Geschäftsfähigkeit gegenüber ihren Kindern entmündigen …, alles eine Frage der Interpretation, der Auslegung und natürlich der eigenen Mensch- und Wertvorstellung.

Mit Klagen – auch im Sinne von „Wehklagen“ – wird sich das nicht ändern.

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