http://www.bag-plesa.de/rundbrief/2011/rundbrief-extra-2011-48.pdf Elektronischer Rundbrief Nr. 48/2011, 22.08.2011 Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de c/o Michael Wengorz - Str. der Befreiung 14 - 06128 Halle vorstand (at) bag-plesa.de Tel.: 0345 / 44 56 150, mobil: 0177 - 38 71 430 V.i.S.d.P.: Michael Wengorz Der Rundbrief kann abonniert werden unter: https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/bag-plesa_rundbrief_extra Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de ********************* Inhalt: Vorwort 1. Einladung zur Bundesfachtagung 2011 2. Prozessbericht 3. Ein gutes Leben, was brauche ich dafür? Unter dem Motto "Hartz IV ist schlecht für alle" findet die BAG-Plesa Bundesfachtagung vom 23. bis zum 25. Sept. 2011 in Oldenburg statt. Ihr seid herzlich einladen. In Berlin leben fast 600.000 Menschen vom Jobcenter. Einer von ihnen wurde am 19.8.2011 im streng gesicherten Amtsgericht Tiergarten verurteilt. Er saß dort allein. Für ihn und uns wäre es eine gute Erfahrung gelebter Solidarität gewesen, wären viele zu seiner Unterstützung zum Prozess gekommen. Die Verurteilung führt zu Unkosten von 30 Tagessätzen a 10€. Auf unserer Homepage werden wir die nächsten Tage auf ein Spendenkonto für Herrn B. aus B. verweisen.
18.30 bis 19.15 Uhr Abendessen Anmeldeformular top ********************* 2. Prozessbericht Am 19. August 2011 fand der zweite Prozesstag im Moabiter Amtsgericht im Verfahren gegen Herrn B. aus B. statt. Ihm wird vorgeworfen einen Mitarbeiter, nennen wir ihn Herrn Goldmund eines Berliner Jobcenters bedroht zu haben. Am diesem zweiten Prozesstermin sind zugegen, der Rechtsanwalt von Peter B. aus B., eine süffisante und sprachlich kaum zu verstehende Staatsanwältin, hier heißt sie Frau Narziss. Weiter der Richter, hier Herr Paternalismus und die einzige Zeugin dieses Verhandlungstages. Die Zeugin Frau Ambivalent war seine Begleitung, bei diesem Prozess auslösenden Termin im Jobcenter, an dem Peter B. aus B. den Mitarbeiter Herrn Goldmund zum Opfer gemacht haben soll. Wir erfahren, dass Herr B. sich lange und am Ende vergeblich um eine Qualifizierung zum Fachwirt bemüht hat. Immer wieder war er in Verhandlung mit permanent wechselndem Personal. Einmal hatte er schon die Zusage für die von ihm gewünschte Qualifizierung. Es fehle ihm nun noch eine letzte medizinische Untersuchung. Dieses sollte belegen, ob er überhaupt in der Lage ist die Qualifizierung gesundheitlich zu überstehen. Herr B. aus B. ist zu 70% schwerstbehindert. Gehen, laufen, stehen - alles fällt ihm schwer. Er war nicht glücklich über eine weitere medizinische Untersuchung. Letztendlich ließ er diese über sich ergehen. Herr B. ist wegen seiner starken gesundheitlichen Einschränkung häufiger beim Arzt und kann Gutachten vorweisen. Das Gutachten der Behörde bescheinigte ihm das geforderte „Durchhaltevermögen“. Das Jobcenter traut nur dem eigenen medizinischen Dienst zu, die Arbeitsfähigkeit von Menschen zu beurteilen und ist bereit dafür weiteres Geld auszugegeben. Nach endlosem Verhandeln ist Herr B. zutiefst enttäuscht, erschöpft und wütend. Er haut mit der flachen Hand laut auf den Tisch. Er sagt dem Herrn Goldmund, dass er sich nicht wundern dürfe, wenn so etwas wie der Amoklauf von Erfurt sich in einem Jobcenter wiederholen könne, wenn man bedenkt wie schlecht Antragsteller in Jobcentern behandelt werden. Herr Goldmund ist erschrocken. Endlich zeigt er eine menschliche Regung. Goldmund wird von der Zeugin, die Herrn B. zu diesem Termin begleitete als unnahbar und herablassend geschildert. Zuvor habe er sich dem Herrn B. gegenüber völlig unbeeindruckt von dessen Argumenten und vorhergehenden Bemühungen oder den Zusagen seines Vorgängers gezeigt. Dieser Termin beim Jobcenter hatte ein einjähriges Hausverbot für Herrn B. zur Folge, mit der Begründung den Betriebsablauf zu stören und einen Mitarbeiter bedroht zu haben. Was bedeutet das Bild von Erfurt, welches Herr B. in dieser Situation bemühte. Herr B. als Amokläufer ist kaum vorstellbar. Seine körperliche Verfasstheit steht dieser Handlung deutlich im Wege. Es muss wohl das Gefühl von absoluter Ohnmacht sein, die Abhängigkeit vom Wohl und Wehe eines einzelnen Goldmundes. Die dauerhaft mangelnde Unterstützung hat Herrn B. dieses Bild in allerhöchster Not wählen lassen. Eine individuelle passgenaue Förderung wie das Gesetz es vorschreibt wird ihm vorenthalten. Er hat Kontakt aufgenommen zum Weiterbildungsträger, hat gemacht und getan, Goldmund sagt Nein. Weder Richter und Staatsanwältin zeigen ein Interesse daran, ob und wie die Behörde ihrem gesetzlichen Auftrag einer passgenauen und individuellen Förderung im Falle des Herrn B. nachgekommen ist. Die Forderung der Staatsanwältin Narziss zum Ende der Verhandlung lautet 50 Tagessätze a 15€, weil sie es als erwiesen ansieht, das Herr B. den Herrn Goldmund strafrechtlich relevant bedroht habe. Jetzt kann sie hart, laut und deutlich sprechen. Den ganzen Prozess über redete sie sehr leise und sehr undeutlich und vermittelt so dem Publikum den Eindruck, es solle nicht zuhören. Auch der Richter Herr Paternalismus ist am Ende sicher dass ein Urteil den Angeklagten nur auf schuldig sprechen kann. Aber er wiederum mag Herrn B. etwas weniger „hart“ bestrafen als die Staatsanwältin Exklusiv fordert. Sein Grund, der Angeklagte sei bisher nicht straffällig gewesen. Als Arbeitende in einer Behörde befinden sich der Richter und die Staatsanwältin vereint. Da wo Aussage gegen Aussage steht hat der Behördenmitarbeiter Goldmund immer recht. Frau Exklusiv will während der zwei Prozesstage herausgefunden haben, dass Herr B. ein arbeitsscheuer Mensch ist, einer der noch nie richtig gearbeitet hat. Ihrer Meinung nach bemüht sich der Angeklagte nicht ausreichend um eine Arbeitsstelle, er sei vielmehr einer der heute dieses und morgen jenes machen wolle. Eben ein Mensch ohne das erkennbare Ziel seine Hilfebedürftgkeit zu mindern. Richter Paternalismus redet von der Taube die Herr B. in der Hand zu haben glaubte, als er die Zusage eines Behördenmitarbeiters für die Qualifizierung bekam. Richter und Staatsanwältin reden leichtfertig, ohne sich im Mindesten der Problematik ihres Bildes voll falscher Stereotype über Erwerbslose oder zumindest die Verantwortung für diese VorUrteile je zu übernehmen. Arbeitslosigkeit ist für die beiden kein gesellschaftliches Problem, sie geben Herrn B. ganz persönlich die Schuld. Das belegen auch die Fragen der Staatsanwältin Narziss an die Zeugin, ob und wie lange Herr B. überhaupt gearbeitet und sich beworben habe. Sie erhöht den Druck auf den Angeklagten, dessen steiniger Weg bis zu einer Zusage der Qualifizierung und der dann folgenden willkürlichen Absage des Behördenmitarbeiters Goldmund. Da ist Herr B. schwach geworden. Richter und Staatsanwältin fühlen mit Herrn Goldmund. Dieser wird vom Richter bewundernd beschrieben, „er habe ihn kennengelernt als einen eloquent Mann“, einer der sich nicht unnötig lange aufhält mit dem Oppositionsempfinden (Wortwahl des Richters) von Erwerbslosen wie Herr B. aus B. einer ist. Bemerkenswert schnell vergeht die Zeit bis zur Urteilsfindung. Der Richter benötigt keine drei Minuten, den Raum mit seinem Protokollanten zu verlassen und schwupp sind die beiden Männer wieder im Gerichtsraum. Auffällig ist die geringe Redezeit die Herr B. aus B. während der über eine Stunde andauernden Verhandlung erhält. Beim nächsten Jobcenterbesuch erwartet Herrn B. das vom Behördenmitarbeiter Goldmund angekündigte Instrument der Arbeitserprobung. Die Verurteilung bürdet ihm 30 Tagessätze von 10€ zur Bewährung auf. EZB- Basta, Berlin
Öffentliche Versammlung, 13.09.2011 um 19 Uhr Die bisherigen Diskussionen über Existenzsicherung in Deutschland sind dominiert von Experten und PolitikerInnen. In anderen Ländern, wie Ägypten, Griechenland, Spanien, Tunesien und Ecuador, gab und gibt es öffentliche Diskussionen von Allen über die Fragen wie wollen wir leben! Selbstorganisation statt Fremdbestimmung! Warum machen wir die Veranstaltung? Wir wollen gemeinsam herausbekommen, was ein gutes Leben ausmacht. Wir wollen debattieren, was benötigen wir für dieses gute Leben und wie bestimmen wir es? Und schließlich stellt sich auch die Frage: wie setzen wir mögliche Ergebnisse um? Diese Veranstaltung wird so oder ähnlich in einigen Städten organisiert werden und soll die Grundlage bilden für weitere öffentliche Debatten zum Guten Leben. http://www.bag-plesa.de/ArtikelArchiv/2011-08-12/Aufruf_gutes_Leben_Frankfurt.pdf
Eine weitere Veranstaltung findet in Offenbach/Main am 30.9.2011 um 19.00 Uhr statt. Kontakt: SGB2Dialog Offenbach 069/80905958
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