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Elektronischer Rundbrief Nr. 34/2011, 21.01.2011
Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de
c/o Michael Wengorz - Str. der Befreiung 14 - 06128 Halle
vorstand (at) bag-plesa.de

V.i.S.d.P.: Claudia Kratzsch, Berlin, Tel.: 030/283 12 56

Der Rundbrief kann abonniert werden unter:
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Herausgeber BAG-Prekäre Lebenslagen - www.bag-plesa.de


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Vorwort:

Hallo und auf ein Wiedersehen in Berlin im Block der Erwerbslosen. Der Lageplan des Treffpunktes des Krach-Schlagen-Blockes in der Demo steht nun zum herunter laden auf www.krach-statt-kohldampf.de


lg Claudia



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20.01.2011- Krach schlagen statt Kohldampf schieben
Erwerbslosenaktivist Edgar Schu über Hartz IV, Mangelernährung und Billiglebensmittel

Anlässlich der Grünen Woche rufen Umwelt- und Ökolandwirtschaftsverbände für Samstag in Berlin zu einer Demonstration gegen Gentechnik, Tierfabriken und Dumping-Exporte auf. Mit dabei sind auch Erwerbsloseninitiativen. Edgar Schu (Jg. 1969), Sprecher des Aktionsbündnisses Sozialproteste, erläutert, warum die Ernährungsthematik gerade für Erwerbslose so wichtig ist.
Das Interview führte Velten Schäfer.

ND: Warum mobilisieren Sie als Erwerbsloseninitiative zu der Demo gegen Massentierhaltung und Agrarindustrie? Sind das nicht eher Luxusprobleme?

Schu: Das ist so herum kein Argument. Man muss bei der Frage anfangen, warum Erwerbslose gezwungen sind, die wirklich absolut letzten Schnäppchen aus den Prospekten zu klauben. Und die Antwort ist einfach: Die im Arbeitslosengeld-II-Regelsatz vorgesehenen 3,94 Euro am Tag - für Erwachsene - reichen nicht aus für eine halbwegs anständige Ernährung. Damit kann man bei Normalpreisen Lebensmittel für etwa 1550 Kilokalorien ausgewogene Ernährung kaufen. Ein erwachsener Mensch braucht aber diesen Brennwert allein für die Herz-, Hirn- und Verdauungsfunktionen im Ruhezustand. Bei mittlerer körperlicher Aktivität, also ohne Erwerbstätigkeit, braucht er schon etwa 2550 Kilokalorien täglich. Und bei Erwerbstätigkeit noch mehr. In der Praxis führt diese Unterfinanzierung zu Mangelernährung. Man ernährt sich ungesund und unausgewogen, um halbwegs auf die nötige Kalorienmenge zu kommen. Über kurz oder lang sind Mangelkrankheiten die Folge.

In früheren Zeiten verstand man unter Sozialpolitik vor allem: billiges Brot. Gab es keins, drohte der Aufstand. Sind günstige Lebensmittel nicht ein Menschenrecht?
Das war schon immer eine zweischneidige Angelegenheit. Um das Jahr 1860 waren zum Beispiel drei von vier Bäckern in England sogenannte »Underseller«, unterpreisige Verkäufer. Die haben Steinmehl, Seife oder andere Streckmittel in den Teig gekippt, damit sie den Preis drücken konnten, weil viele Kunden sich kein normales Brot mehr leisten konnten. Das erinnert doch an die Auswüchse des jetzigen Systems, an den Dioxin-Skandal. Für mich ist es keine Frage, dass sich die Erwerbslosen wehren müssen, statt eine solche Abwärtsspirale weiter zu drehen. Deswegen fordern wir statt vermeintlich billigstem Essen eine Erhöhung des Regelsatzes um 80 Euro,schon für den Bestandteil Ernährung.

Wenn diese Forderung durchzusetzen wäre - werden die Erwerbslosen dann zu Besser-Essern?
Natürlich würde auch eine solche Anhebung des Regelsatzes es nicht erlauben, sich durchgehend »Bio« zu ernähren, darum geht es ja auch gar nicht. Es wäre aber auch für einen Erwerbslosen möglich, hin und wieder ein Bio-Produkt zu kaufen ? wenn die Erhöhung nicht durch andere zu niedrig angesetzte Posten wie etwa den Nahverkehr aufgefressen wird. Aufgrund dessen fordern große Teile der Erwerbslosenbewegung mindestens 500 statt 359 Euro Eckregelsatz. Dieses Extrem-Billig-Segment im Discounthandel würde nicht mehr so stark nachgefragt werden.

Aber kommt diese Nachfrage denn nur von Erwerbslosen?
Nein, natürlich nicht. Die Nachfrage in diesem Segment stellen gegen ihren Willen nicht nur Erwerbslose her, sondern ca. 20 Millionen Menschen, darunter Armutsrentner, Niedriglöhner, Kleinselbstständige, Flüchtlinge ... Von deren tatsächlich niedrigen Ausgaben wird ja das sogenannte »Soziokulturelle Existenzminimum«, also auch der geringe Bestandteil für Ernährung im Hartz-IV-Eckregelsatz, abgeleitet. Die Abwärtsspirale verlöre, wenn die geforderte 80-Euro-Korrektur bei der Ernährung vorgenommen würde, wenigstens ein wenig an Dynamik. Denn auf alle diese Gruppen würde die Anhebung sich direkt oder indirekt positiv auswirken. Von der Leyens Fünf-Euro-Zuschlag und das Einfrieren der Kindersätze stehen dagegen für weitere Verarmung durch Kaufkraftverlust.

Wie ist denn bisher die Resonanz unter den ALG-II-Initiativen? Gibt es Diskussionen zu der Frage?
Die gibt es - und nicht nur, dass der Regelsatz deutlich erhöht werden muss, ist nach meinen Eindrücken Konsens. Sondern auch, dass Erwerbslose und Niedrigverdiener nicht länger als Legitimation für weiteres Lohndumping, Sozialdumping und Umweltdumping herhalten wollen. Ganz besonders ist das ja die Grunderfahrung im Leben eines Erwerbslosen, die klassische Gewissensfrage etwa bei den Ein-Euro-Jobs: Nehme ich ihn an, verdränge ich oft einen regulären Arbeitsplatz. Ständig wird man zum Drücken von Standards gezwungen. Von dieser Zwickmühle haben viele Erwerbslose schon lange genug, darauf wollen wir möglichst lautstark aufmerksam machen. Aus verschiedenen Städten kommen Busse nach Berlin, es gibt auch einen Spendenfonds für Leute, die Probleme haben, den Fahrpreis aufzubringen.

Wie hat sich das Aufruferbündnis zu Ihrer Forderung nach den 80 »Ernährungseuro« gestellt?
Das Bündnis »Wir haben es satt« freut sich über unsere Teilnahme als Erwerbslosen-Block unter dem Motto »Krach schlagen statt Kohldampf schieben«. Wir werden leere Töpfe, Pfannen und Ähnliches mitbringen und einen lebhaften Teil der Demonstration bilden. Wir sind aus dem Vorbereiterkreis darauf angesprochen worden, ob wir nicht mitdemonstrieren wollen ? große Teile des Bündnisses finden unsere Forderung demnach richtig.
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Der Artikel wurde am 20.01.2011 auf http://www.neues-deutschland.de veröffentlicht.
Den Artikel finden Sie unter:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/188917.krach-schlagen-statt-kohldampf-schieben.html

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PRESSEERKLÄRUNG
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Jetzt Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen!


Zum 1. Januar 2011 muss nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 die Hartz IV-Regelleistung neu bemessen werden. Für den Fall, dass es zum 1.1.2011 keine gesetzliche Neuregelung gibt, hat das Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben, die Neubemessung rückwirkend einzuführen. Um allerdings von den neuen Leistungen für Bildung und Teilhabe zu profitieren, müssen jetzt Anträge gestellt werden.

Seit Wochen streiten sich Regierung und Opposition über die Höhe der Regelleistung und das Bildungspaket für arme Kinder. Die Gesetzesänderung wird daher nicht vor März dieses Jahres in Kraft treten können. Da die neue Regelleistung für Kinder künftig ohne den Bedarf für Bildung und Teilhabe berechnet wird, müssen auch diese Leistungen rückwirkend zum Januar gewährt werden, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu genügen. Das bedeutet Kindern und jungen Erwachsenen ein soziokulturelles Existenzminimum zu gewährleisten, das ein Leben in Würde ermöglicht.

Die Sache hat aber einen Haken: Leistungen für Bildung und Teilhabe werden größtenteils nur auf Antrag erbracht. Darauf weist der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. aus Wuppertal jetzt hin. Ausnahme ist hier das sogenannte Schulpaket, das aber ohnehin erst mit Beginn des neuen Schuljahres zum August 2011 ohne Antrag fällig wird. Die anderen Bildungs- und Teilhabeleistungen müssen dagegen jetzt beantragt werden, um rückwirkend Ansprüche zu sichern.

Folgende Leistungen sind vorgesehen:
  • die Übernahme der Kosten für eintägige Schul- oder Kindertagesstätten-ausflüge (mehrtägige Klassenfahrten werden bereits heute auf Antrag übernommen),
  • Leistungen für Schülerbeförderung,
  • zusätzliche Lernförderung falls erforderlich,
  • Kosten für das Schulmittagessen und
  • Sachleistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben, etwa für Vereinsbeiträge, Musikunterricht oder Freizeiten in Höhe von derzeit 10 Euro monatlich.
Tacheles e.V. vertritt zwar die Ansicht, dass vor allen die jetzt zur Diskussion stehenden Leistungen für die Teilhabe der Kinder und Jungendlichen viel zu niedrig bemessen sind, um den tatsächliche Bedarf zu decken. Dennoch ist sofortiges Handeln von Nöten, um für die Kinder rückwirkend Ansprüche zu sichern. Der Erwerbslosenverein. rät den Eltern daher, solche Anträge bereits jetzt zu stellen.

Auch die Bundesagentur für Arbeit vertritt offensichtlich diese Ansicht. Auf ihrer Internetseite informiert sie über das neue Leistungsangebot
( http://www.arbeitsagentur.de/Navigation/zentral/Buerger/Arbeitslos/Grundsicherung/Bildung-und-Teilhabe/Bildung-und-Teilhabe-Nav.html#d1.2 ).

Ein Antragsformular auf Leistungen für Bildung und Teilhabe kann bereits von der Seite der Agentur heruntergeladen werden
( http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Vordrucke/A07-Geldleistung/Publikation/Vordruck-BuT-Leistungsantrag.pdf ).

Frank Jäger, Tacheles-Onlineredaktion (0176-56 41 77 98)

Die Pressemitteilung als PDF-Datei herunterladen: http://www.frank-jaeger.info/fachinformationen/PM-LeistungenBildungTeilhabe.pdf/at_download/file



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2011, die geplanten Änderungen sind die Umfangreichsten seit der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 und ein Ende ist nicht in Sicht


Anne Eberle

Das vorliegende Gesetz zur siebten Änderung des Zweiten Sozialgesetzbuch (SGBII) sieht weitere gravierende Einschnitte zur Änderung des SGBII bis hin zur Unterschreitung des Existenzminimums bei der Gewährung und Rückzahlung von Darlehen und der Aufrechnung von Erstattungs- und Ersatzansprüchen vor.
Mit diesen Änderungen wird das neue "Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum" in vielen Fällen unterschritten werden! Ein gravierender Widerspruch zu § 51(2) SGB I.
Vorerst stoppte der Bundesrat das "Gesetz zur Entwicklung von Hartz IV -Regelbedarfe und zur Änderung des Zweiten (SGBII) und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)".
Im Vermittlungsausschuss können nur noch die gestellten Änderungsanträge berücksichtigt werden.
So wird in der Hauptsache im Vermittlungsausschuss die Debatte über die Erhöhung des Regelsatzes von fünf Euro geführt und über die Bildungsteilhabe von Kindern geführt.
Es ist anzunehmen, dass es durch den Einfluss der Opposition zu verschiedenen Änderungen kommen wird.
Vermutlich wird im Februar 2011 das neue Gesetz verabschiedet.
Die Regelleistungen wird es auf jeden Fall aufgrund der Verfügung des BVerfG rückwirkend geben, ob es die Schul- und Teilhabebedarfe rückwirkend gibt ist unklar.


I. Nachfolgend eine Auswahl zu diverse Änderungen, die in anderen Gesetzen enthalten sind und am 01 Januar 2011 in Kraft treten.

II. Eine Auswahl "zur siebten Änderungen des SGBII", das der Bundesrat voraussichtlich im Februar 2011 beschließen wird.

III. Tipps




I. Hartz IV: Was sich am 01.01. 2011 für ALG II - BezieherInnen ändert

Arbeitslosengeld II :
Wegfall des befristeten Übergangszuschlag nach ALGI:

Befristeter Zuschlag nach Bezug ALG I - Armutsgewöhnungszuschlag - entfällt.
Dieser Zuschlag wird ab Jahresbeginn 2011 ersatzlos entfallen. Das betrifft auch diejenigen, welche diesen Zuschlag derzeit beziehen, denn es gibt keinen Bestandsschutz und auch keine Übergangsregelung. Dies betrifft in Dortmund 830 Personen.

ALG II und Rentenversicherungspflicht:
Rentenversicherungspflicht und -beiträge entfallen. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt ab ersten Januar 2011 für ALG II-Bezieher keine Pflichtbeiträge oder Zuschüsse mehr zur Rentenversicherung. Der ALG II-Bezug löst keine Versicherungspflicht in der staatlichen Rentenversicherung mehr aus, zählt jedoch als Anwartschaftszeit.

ALG II und Elterngeld:
Die bisherige Anrechnungsfreiheit in Höhe von 300,00 € des Elterngeldes entfällt, wenn vor der Elternzeit kein Erwerbseinkommen erzielt wurde.
Sofern es sich beim angerechneten Elterngeld um das einzige Einkommen des Elterngeldbeziehers handelt, können davon u.a. der Freibetrag für private Versicherungen i.H.v. 30 €, Pflichtbeiträge wie Kfz-Haftpflicht und der Zusatzbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung abgesetzt werden.

(Ex-) Aufstockende: Elterngeld
Anrechnungsfrei, ist das Elterngeld bis zu 300 €, wenn vor Beginn des Elterngeldbezuges eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde. Dann bleibt es bei der bisherigen Regelung

II) Gesetzesentwurf zur Änderung des SGB II


Die von mir (A.E.) aufgeführten Änderungen beruhen auf folgende Veröffentlichungen www.tacheles-sozialhilfe.de, Harald Thome und Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitsloser, Info November 2010 www.erwerbslos.de .
Die Zusammenstellung der Änderungen des SGBII sind nicht vollständig aufgeführt und können bei Tacheles nachgelesen werden. Die angeführten §§ sind dem geplanten Referentenentwurf entnommen.

ALGII Antragsstellung:
Der Antrag auf ALGII wirkt zum 1. Monat zurück. (§ 37 Abs. 2 S. 2 SGB II)

Ortsabwesenheit - Residenzpflicht
Bisher galt die Erreichbarkeits- Anordnung.
Neu: Die Ortsabwesenheit wird nunmehr in das SGBII im § 7 Abs. 4a aufgenommen.

Danach dürfen auch Erwerbstätige (Aufstocker) und Schüler nur maximal 3 Wochen pro Jahr ortsabwesend sein, auch wenn der arbeitsvertragliche Urlaub bzw. Ferien länger sind.

Überprüfungsanträge:
Überprüfungsanträge Vierjahresfrist wird auf ein Jahr beschränkt
Verkürzung des § 44 SGB X auf ein Jahr
Neu:
Wird durch einen Überprüfungsantrag eine rückwirkende Nachzahlung erreicht, wird diese Nachzahlung auf 1 Jahr begrenzt.
Die Verkürzung auf die Jahresfrist gilt nicht für vor dem 01.01.2011 gestellte Überprüfungsanträge nach §44 SGB X (§77 Abs.9 SGB II)

Pflicht zur Bildung von Rücklagen (Ansparungen):
ALGII BezieherInnen werden verpflichtet, Rücklagen für unregelmäßig anfallende Bedarfe zu bilden (§20 Abs. 1 S.4 SGBII)

Unterkunftskosten:
Bisher
galt die Angemessenheit der Unterkunftskosten der Rechtssprechung des Bundessozialgericht (BSG). In Zukunft können die Länder die Kreise und kreisfreie Städte durch Gesetz ermächtigen oder verpflichten, in einer Satzung die angemessenen Kosten für Unterkunft in ihrem Gebiet festzulegen (§22a Abs.1 S.1 SGBII).
Eine solche Satzung bedarf der vorherigen Zustimmung der obersten Landesbehörde oder einer von ihr bestimmten Stelle, wenn dies durch ein Landesgesetz vorgesehen ist (§22a SGBII)
Der kommunale Leistungsträger hat nun freie Hand und darf auch Pauschalen festlegen, insbesondere eine Warmmiete oder Festsetzung einer "Gesamtgemessenheitsgrenze " (§22a Abs. 1 S. 1 SGB II- und § 22 b Abs. 1 S. 2 und 3 SGBII).

Einkommensanrechnung wird verschärft:

1. Darlehen als Einkommen
Alle Einnahmen sind als Einkommen anzurechnen. Nicht anzurechnen sind Darlehen, die ausdrücklich einem anderen Zweck dienen als Sicherung des Lebensunterhaltes (§ 11b Abs. 6 SGB II).
Das bedeutet, dass jedwedes Darlehen, welches ein Dritter als Nothelfer leistet, wenn beispielsweise der SGB II - Leistungsträger die Leistungen unrechtmäßig einstellt oder nicht rechtzeitig gewährt wird voll als Einkommen berücksichtigt und dieser Betrag wird den Leistungsanspruch mindern.
Dann nehme ich eben ein Darlehen für Tabak, Alkohol und einen Pelzmantel, ist ja kalt …dient ja nicht der "Sicherung des Lebensunterhalts"(A.E.)
Entgegen der BSG (Bundessozialgericht) Entscheidung v. 17.06.2010-B 14 AS 46/09 R bestimmt. Das BSG entschied, dass Mittel aus einem Darlehen grundsätzlich anrechnungsfrei zu sein haben, da diese mit Rücksicht auf die Rückzahlungsverpflichtung die Vermögenssituation des Hilfebedürftigen nicht verändern.

2. Anrechnung von Aufwandsentschädigungen
Bisher
: Nach dem bisherigen gültigen Recht durften "zweckbestimmte Einnahmen, welche einem anderen Zweck dienten als der SGB Leistungen, nicht angerechnet werden. (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II). Dazu gehörten die Aufwandsentschädigung und die Nichtanrechnung von steuerrechtlich privilegierten Einkommen.
Neu: Leistungen werden nicht als Einkommen angerechnet, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften einem anderen Zweck dienen (§ 11a Abs. 3 S. 1 SGB II) .
Das bedeutet, dass Aufwandsentschädigung für ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement in Zukunft als Einkommen gerechnet wird, ebenso die Übungsleiterpauschale, die Ehrensamtspauschale und der Steuerbefreiung für kommunalen Mandatsträger.

3. Anrechnung Pflege
Bisher
wurden, die nicht steuerpflichtigen Einnahmen einer Pflegeperson und Personen die Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbrachten nicht als Einkommen angerechnet.
Neu: Diese Privilegierung wird durch den Gesetzesentwurf in der in der neuen ALG II - VO (Verordnung) aufgegeben.

4. Einnahmen der Tagespflege sind ebenfalls voll anzurechnen (sind normalerweise Sachaufwendungen) (11a Abs.3 Nr. 1 SGBII)

Verschärfung bei der Gewährung und Rückzahlung von Darlehen (§ 42a SGB II) und der Aufrechnung von Erstattungs- und Ersatz-ansprüchen (§ 43 SGB II):


Mit vorhandenen Schonvermögen kein Darlehen mehr möglich
Vorrangig ist das erst das vorhandene Vermögen eingesetzt wird, bevor ein Darlehen beantrag werden kann. Das JobCenter darf alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als Darlehensnehmer bestimmen.
Darlehen § 42a SGB II :
Darlehen wird nur noch gewährt, wenn der Bedarf weder durch Schonvermögen (Alter x 150 €), Schonvermögen der Kinder, Ansparfreibetrag (750€) noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Neben einer neuen Sippenhaft von Kindern für Schulden ihrer Eltern wird dies auch den letzten Vermögensschutz beseitigen, sobald eine Notlage eintritt.

Rückzahlung von Darlehen
Bisher
: Der Alg -II-Bedarf durfte wegen der Darlehenstilgung nicht unterschritten werden, mit Ausnahme von Darlehen wegen unabweisbarem Bedarf nach § 24(1) und mit einer Obergrenze von 10%.
Neu:
Alle Darlehen müssen mit 10 % des maßgeblichen Regelsatzes zurück gezahlt werden.

Eine Darlehensrückzahlung wird jetzt für alle Darlehen mit starr 10% des maßgeblichen. Regelbedarfs gefordert. Ausnahme sind nur noch Darlehen nach § 24(5) (besondere Härte) und § 27(4) SGB II (ergänzender Bedarf Lernförderung).
Eine Übergangsregelung für die bereits gewährten Darlehen ist nicht vorgesehen.
So kann durch ein Kautionsdarlehen der Regelbedarf über längere Zeit auf 90% abgesenkt. Damit entfällt mittelfristig ungefähr der Betrag, der für Ansparungen notwendig ist, es entsteht somit eine Schuldenfalle.

Aufrechnung von Erstattungs- und Ersatzansprüchen bei zuviel gezahlten Leistungen § 43 SGBII
Ähnliches gilt für die Aufrechnung von Erstattungs- und Ersatzansprüchen (§ 43 SGB II).
Bisher: Eine Rückzahlung war "bis zu 30%" beschränkt worden, wenn der Rückforderungsanspruch aufgrund falscher oder grob fahrlässig unrichtiger Angabe, entstanden ist.
Neu: Aufrechnung darf nun ohne Ermessen mit starr 10% / 30% angerechnet werden und wird gegen jede Person gerichtet, gegen den die Behörde einen Aufrechnungsanspruch hat.

Keine Regelung der Begrenzung von Aufrechnungen bzw. Rückzahlungen
Damit ist in Praxis mit massiven Problemen ungesicherter Existenz zu rechnen, wenn etwa eine Darlehensaufrechnung von 10% mit einer Aufrechnung von Ersatzansprüchen mit 30% und im schlimmsten Fall mit einer zusätzliche Sanktion mit 30%/60%/100% zusammen trifft. (Muss dann bei minus 140% draufgezahlt werden?) siehe Frieder Claus, Diakonisches Werk Württemberg

Übergänge aus anderen Leistungen / vorrangige Leistungen
Ein Teil der Zahlungslücke beim Übergang von SGB II in die Altersrente entfällt durch Zuschusszahlung von für den ersten Monat (Geburtstag bis Beginn Rente). Die Zahlungslücke im zweiten Monat aufgrund nachträglicher Rentenzahlung besteht im bisherigen Umfang weiterhin, ebenso wie die Zahlungslücken bei allen anderen Renten (EU/BU). Weiterhin muss über § 38 SGB XII ( vorrübergehende Notlagen) für den fehlenden Monat Leistungen beim Sozialamt geltend gemacht werden.

Die Zahlungslücke bei Aufnahme einer Ausbildung wird zum Teil geschlossen, indem jetzt geregelt wird, dass ALG II - Leistungen zur Vermeidung einer Zahlungslücke für den ersten Monat als Darlehen erbracht werden können (§ 27 Abs. 4 S. 3 SGB II). Beim BAföG - besteht ein Anspruch auf Vorschuss frühestens sechs Wochen nach Antragstellung (§ 51 Abs. 2 BAföG), zudem bedeutet Anspruch noch nicht Zahlung.

Erneute Verschärfung von Sanktionen
Neu: Sanktionen können nun ohne schriftliche Belehrung erfolgen.
Eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen eines Verstoßes soll künftig nicht mehr erforderlich sein.
Es soll ausreichen, dass die/der Arbeitsuchende die Rechtsfolgen ihres/seines Verhaltens kannte. D.h., dass in Zukunft erfolgt keine Rechtsfolgenbelehrungen mehr. Außerdem sollen Verletzung von Pflichten, die in einem Verwaltungsakt vorgeschrieben wurden, sanktioniert werden. Ebenso das Nicht-Zustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung (§31 Abs.1 S.1 Nr. 1 SGB II). Für das Aussprechen einer Sanktion soll das Jobcenter künftig sechs Monate, statt bisher drei Monate, Zeit haben(§31b Abs.1 S.5 SGBII).

Bedarfe die nicht in der Regelleistung enthalten sind:
Neu! Bedarfe, die nicht in der Regelleistung enthalten sind müssen gesondert beantragt werden:

  • Unabweisbarer Bedarf (§ 24)
  • Erstausstattung für die Wohnung (§ 24)
  • Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt sowie (§ 24)
  • Anschaffung und Reparaturen von orthopädischer Schuhe, Reparatur therapeutischer Geräte (§ 24)
  • sowie Leistungen aus dem Bildungspaket wie Klassenfahrten, Ausflüge und Lernförderung (§ 28)
  • Mittagessen (§28)

III Tipps - Eile ist geboten:

Antrag auf Befreiung von GEZ - Gebühren stellen: Mit dem Wegfall des Übergangszuschlags kann nun ein Antrag auf Befreiung von GEZ - Gebühren gestellt werden.
Achtung die Befreiung beginnt mit dem Monat, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag gestellt wurde. Eine rückwirkende Befreiung ist nicht möglich, auch wenn die Befreiungsvoraussetzung bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat.

Überprüfungsantrag auf Rückforderungen von Warmwasserkosten stellen:
Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied, dass die Jobcenter und Arbeitsgemeinschaften auch für die Zeit von vor Februar 2008 überhöhte Abzüge für die Warmwasseraufbereitung zurückzahlen müssen. (Az: B 14 AS 61/09 R)

Antrag stellen für Bildungs- und Teilhabe-Leistungen und andere Bedarfe

Widersprüche gegen Hartz IV-Bescheide ab 1. Januar
Da die Bundesagentur Bescheide auf Grundlage des bisherigen Rechts versandt hat, ohne die Bescheide für vorläufig zu erklären, bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Widersprüche sind abrufbar unter: www.elo-forum.org
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