Skizze der Ergebnisse der AG 1

„Recht auf Wohnen, Recht auf Stadt”

beim Bundestreffen in Düsseldorf.

von Claudia Kratzsch

Ich war gestern bei dem jährlichen Bundestreffen der BAG Prekäre Lebenslagen (früher BAG SHI) in Düsseldorf. Schwerpunkte waren

I. der Kampf gegen Sanktionen im SGB

II. die schleichende, aber dramatischen Durchsetzung von "Workfare" (Leistungen nur wenn man dafür für Hungerlöhne arbeitet) durch 1-Euro-Jobs. Die Angriffe auf den 1. Arbeitsmarkt sind noch lange nicht beendet, auch wenn die Verdrängung tariflicher Arbeitsplätze vor allem auf der kommunalen Ebene (im Bereich des GALA. BAus schon sehr umfassend, Übermittlungsbetreuung in Schulen…, Ordnungsdienste...) bereits großen Umfang angenommen hat. Ziel einflussreicher Staatbeamter und „Berater” aus konservativen wie aus sozialdemokratischen Thinktanks ist eindeutig die geschickte Übertragung des USA-Modells auf Deutschland. Das bedeutet im Endeffekt eine dauerhafter Angriff auf die Löhne, die Selbstverwaltung einer ausgegrenzten Armut (Tafeln z.B. und 1 Euro Ordnungsdienste sind der Einstieg) und auch eine in den Argen bereits institutionalisierte Psychatrisierung der Erwerbslosigkeit (wer nach all den Repressalien immer noch nicht arbeitet muss krank sein). Aus den Niederlanden sind bereits Modelle moderner „Arbeitshäuser” auf dem Weg zu uns.

III. „nur Kosten der Unterkunft oder auch Recht auf Stadt?”.

In einer Arbeitsgruppe zum Thema KdU und Recht auf die Stadt wurden diskutiert

1. die unmittelbaren Wirkungen (Zwangsumzüge, eingeschränkte Umzugsmöglichkeiten und Mietrechte, Wohnungslosigkeit U 25 usw.) und drohenden Verschärfungen der Hartz IV-Regelungen (u.a. Pauschalierung) für die Wohnungsversorgung und die Wohnrechte der Betroffenen,

2. die Auswirkungen und Wechselwirkungen von Hartz IV auf/mit der sozialräumlichen Spaltung in unseren Städten. Also z.B. Verschärfung der Abdrängung aus Gentrifizierung-Vierteln (Berlin z.B.), zunehmende Entwicklung von Brennpunkten der Armut gerade auch in Wohnungsbeständen der „Heuschrecken”, in der Folge Verschärfung der Kontrolle durch u.a. 1-Euro-Ordnungsdienste usw.

3. Inhalte des "Rechts auf die Stadt" aus der Sicht der Erwerbslosen.

Es wurde begonnen, Inhalte für ein "Manifest" "Das Recht der Erwerbslosen auf die Stadt" zu erarbeiten.

Zu dem Recht der Erwerbslosen auf die Stadt gehört natürlich zunächst das Recht, in der angestammten Wohnung und/oder dem Wohnviertel zu bleiben und das Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zum gesamten Wohnungsmarkt, d.h. die freie Wohnungswahl, die nicht dazu zwingt, in die miesesten Hütten zu ziehen.

Darüber hinaus geht aber auch um den kostenfreien oder bezahlbaren Zugang zur gesamten öffentlichen und kommunalen Infrastruktur: (die auch deshalb nicht privatisiert werden darf) öffentlicher Verkehr (Sozialticket als Einstieg), Bildung, Kultur (Museen, Bibliotheken usw.), nicht-kommerzielle öffentliche Räume (z.B. nichtkommerzielle "Biergärten" auch in touristischen Zonen, wo man sich selber was mitbringen kann, auch so Details wie kostenlose öffentliche Toiletten oder Trinkwasserspender) , selbstorganisierte Freiräume (Recht auf Besetzung/Aneignung), kommunale Versorgung. Hier wurde u.a. eine begonnen eine "Soziale Tarifreform" beim Wasser zu diskutieren. Ein Grundkontingent an Trinkwasser (für Grundbedürfnisse zum Trinken, Kochen, Waschen) wird allen umsonst oder zu einem sehr geringen Tarif zur Verfügung gestellt. Bei steigendem Verbrauch pro Kopf (Swimmingpools, häufiges Duschen, Autowäsche, Sprengen des englischen Rasens usw.) steigt der Tarif über die jetzige Höhe.

Neben solchen Zielen müssen natürlich auch Aktionsformen der Aneignung des Stadtraums durch / unter Einschluss der Erwerbslosen weiter entwickelt werden. Die - breiteren - Bewegungen für das Recht auf Stadt - z.B. Basta Witten - bilden eine Chance, die Reproduktion der Isolation der Erwerbslosen in den sozialen Bewegungen zu überwinden.

Hier gibt es freilich gewaltige Unterscheide zwischen großen Städten und ländlichen Räumen. Auch zu ländlichen Räumen gab es aber neue Aktionsideen. Z.B. eine richtige Erwerbslosen-Pilgerfahrt in den katholischen Pilgerort Kevelaer am Niederrhein.

Es gibt sicher Impulse für basta! auch in Witten.

Knut Unger

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In der Arbeitsgruppe wurde das folgende Papier erarbeitet:

+++ Manifest der Erwerbslosen für ein Recht auf Stadt +++

Wir fordern: Das Recht, die Fülle der Stadt zu genießen.
Der Verkauf unserer Innenstädte schreitet voran und damit verändern sich die Wohn- Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger und von uns Erwerbslosen und Prekären drastisch.
Die Folge: Es wird zunehmend schwieriger am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Zukünftig sollen nur noch die sogenannten Leistungsträger vom Umbau und dem Ausverkauf unser Städte profitieren.
Gesellschaftlich abgehängt werden dabei Kinder, Jugendliche, Kranke, Alte, Menschen mit Behinderung, prekär Beschäftigte, MigrantInnen und alleinerziehende Frauen und Männer.
Wir wenden uns dagegen, dass alles für die Kaufkraft und nichts für die Interessen der hier lebenden Menschen getan wird. Denn ein Recht auf Stadt bedeutet freie Teilhabe am kulturellen Leben

Deshalb fordern wir:
Mehr als ein Dach überm Kopf - gesunde Wohnungen, die bezahlbar sein müssen, nicht in Ghettos liegen, und nicht vom sozialen und kulturellen Leben der Stadt ausgrenzen.
Das Recht in der angestammten Wohnung zu bleiben und ein damit verbundenes Recht auf freie Wohnungswahl und dem Recht auf Bleibe für Alle
Recht auf Zuzug für Alle, die hier leben wollen, insbesondere für Migranten aus dem nicht EU-Ausland. Freier Zugang zu den Ressourcen unserer Stadt

  • Kulturelle Einrichtungen
  • ÖPNV
  • gastronomische Einrichtungen (Bayrische Biergartenverordnung)
  • Kostenlose Bibliotheknutzung, Schwimmbäder, Theater, Museen, etc..
  • Zugang zu öffentlichen Gütern und Daseinsvorsorge

Wir schließen uns dem Deutschen Städte- und Gemeindebund an und fordern freien Zugang zu Schwimmbädern, Bibliotheken, Museen, Theatern, etc. für Kinder in prekären Verhältnissen/ aus Hartz IV Familien.

  • Nicht kommerzielle öffentliche Räume
  • Kostenlose Basisversorgung der Privathaushalte mit Trinkwasser und öffentliche Trinkstellen
  • Kostenlose öffentliche Toiletten

  • Rücknahme von Privatisierungen und Verbot von PPP und Cross-Border-Leasing-Projekten
  • Kostenloser Zugang zu Gesundheitszentren
  • Geburtshäuser mit Hebammen in jedem Stadtteil
  • Weiterentwicklung von Schulzentren und Rathäusern zu Stadtteilzentren mit unabhängigen Jugendzentren und/oder Bürgerzentren mit freiem Internetzugang
  • Selbstverwaltete Straßenhilfe
  • Das Recht, spekulativ leer stehende Wohnhäuser zu nutzen sowie eine zur Verfügung Stellung von kommunalem Land z.B. für Gemeinschaftsgärten (Almende)
  • Das Recht, Miete zu mindern und den geminderten Anteil zu behalten, keinen weiteren Verkauf von öffentlich gebauten Häusern, aber verstärkten Ausbau des sozialen Wohnungsbaus
  • Mietpreisbindung
  • Verkehrsvermeidende Infrastruktur, Entschleunigung
  • Geschützte Räume, Frauen, Migranten ohne Papiere
  • Kein Verkauf von öffentlichen Wohnugen
  • Gemeinschaftsschulen für Alle, die gleichzeitig als Stadtteilzentrum fungiert. (Schule muss sich öffnen für alle BürgerInnen)
  • Selbstverwaltete Strukturen, Übereignung an die Kommunen und Städte von Grund und Boden, Gewässern und Seen und keine neue Versiegelung von Grünflächen
  • Barriere freien Zugang zu Allem (physisch, psychisch, sprachlich)
  • Die Vollarbeitszeit wird herabgesetzt, damit die Partizipation und demokratische Kontrolle von unten am kommunalen Leben in den selbstverwalteten Strukturen ermöglicht wird.
  • Gegen die geplante Pauschalierung der Kosten für Unterkunft
  • Übernahmen der tatsächlichen Kosten für Unterkunft plus Heizkosten
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